Dienstag, 20. Oktober 2015

Es war ruhig und hatte seinen Grund

Die letzten Wochen war es sehr ruhig hier... was einen Grund hatte.
Herr Melle und ich konnten unser Glück nicht fassen. Am 11.10. hielten wir einen positiven SST in den Händen. Gleich zum Frauenarzt um es kontrollieren zu lassen. HCG lag bei 126. Völlig okay wie uns der Arzt versicherte. Im Ultraschall konnten dann Herr Melle und ich eine kleine Fruchthöhle erahnen. aber es war ja noch alles früh und wir sollten geduldig sein.
Passend auf meinem Geburtstag am 14.10. dann den 2. positiven SST und am 15.10. erneute Kontrolle. HCG hat sich brav verdoppelt alle 2 Tage und im Ultraschall sah man wieder eine kleine Fruchtöhle. Guter Dinge fuhren wir nach Hause. Ich ließ alles ruiger angehen und habe nur das Nötigste getan. Außerdem war ich viel zu Müde um überhaut etwas zu machen. Jeder Gang zur Toilette war zwar sehr nervenzerreisend... und jedes mal auf's neue hatte ich Angst es könnte Blut am Toilettenpapier sein. Doch es war nie etwas dran. Jedes mal wenn ich aus dem Bad zu Herr Melle brüllte "Alles gut!" atmeten wir auf. Dieses mal schien alles gut zu werden... zumindestens dachte ich das. Kein Blut war für mich ein gutes Zeichen. Mein Körper zeigte mir auch schon wie schwanger ich bin.. die Brüste taten wehe, der Geschmack hatte sich geändert... und der Heißhunger war da... ich merkte, dass ich wie bei Lucas sehr weinerlich war.
Doch am 18.10. war alles wieder vorbei. Plötzlich bekam ich ohne Ankündigung eine Sturzblutung. Damit hatte keiner von uns gerechnet. Beim sauber machen lag dann das kleine Wunder auf einem großen Gewebestück auf dem Toilettenpapier.
Wir fuhren ins Krankenhaus und hofften, dass es nicht doch das kleine Wunder war. Die Hebamme war nur kurz da und holte die Ärztin. Die Ärztin fing dann an, dass ne Blutung nix schlimmes bedeuten würde... auch Gewebestücke wären nicht selten.. und dann wollte sie das Material was wir netterweiße mitgebracht hatten ohne einen genauen Blick in den Müll werfen!!! Herr Melle und ich haben darauf gleich gesagt, dass nix in den Müll gewurfen wird ohne vorher im Ultraschall geschaut zu haben ob wir Recht bzw. Unrecht hatten.
Es kamen dann noch das Wort "Ausschabung" auf den Tisch. Doch da haben wir auch gleich gesagt, dass dies für uns nicht in Frage kommt.. und schon gar nicht in der Klinik. Die Ärztin fragte warum und wir erklärten ihr was bzw. wie man damals mit mir in dem Krankenhaus umgegangen ist. Sie ruderte zurück und ging mit uns zum Ultraschall. Das Gespräch da war auch verwirrend. Erst gab sie uns Hoffnung, dass es doch nicht so schlecht aussah... dann, dass es doch nicht so gut aussehen würde.. wir uns irgendwann wieder sehen würden zur Geburt.. dann fragte sie ob man das PCO von mir mit Metformin behandeln würde. Nur hätte die gute Dame die Unterlagen sich angeschaut und im Gespräch voher aufgepasst, dann wäre ihr aufgefallen, dass ich Metformin nehme.
Zum Abschied drückte sie uns einen kleinen Zettel für den Frauenarzt in die Hand und gab uns die Wort mit es am kommenden Tag bei Frauenarzt kontrollieren zu lassen.
Auf den Weg nach Hause sind wir zu Lucas auf den Friedhof gefahren und haben das kleine Wunder zu ihn gebracht. Der einzigste kleine Trost ist, dass Lucas jetzt nicht mehr alleine da liegt.. das sein kleines Geschwisterchen ganz dicht bei ihm ist.

Gestern sind wir dann erneut beim Frauenarzt gewesen. Er machte Ultraschall und da haben selbst wir gesehen, dass die Gebärmutter leer ist und die Gebärmutterschleimhaut optisch anders aussah als letzte Woche... in der Mitte der Gebärmutter war auch das was wir zuvor gesehen hatten weg. Der Doc hat Blut abgenommen und im Anschluß hatten wir ein ausgibiges Gespräch mit ihm. Klar will man am liebsten wieder eine Antwort auf das "WARUM?" haben. Aber aus der Vergangenheit wissen wir, dass es darauf nie eine Antwort geben wird. Die Natur hat sich gegen das kleine Wunder entschieden. Er vermutet, dass irgendwann in der Entwicklung was "schief" gelaufen ist und deshalb abging. Es lag aber definitiv nicht an mir, weil ich dies oder jenes getan oder nicht getan habe... und es lag auch nicht an meiner Gebärmutter.

Natürlich kommen jetzt wieder die netten Kommentare die man in der Situation "gerne" hören möchte. Aber alle meinen es ja nur gut. Wenn ich das nur schon höre oder lese kocht es innerlich in mir. Doch was macht Melle?! Sie nickt brav und sichert allen zu, dass sie es keinen übel nimmt.
Nur denke ich mir, dass alle uns doch über Jahre schon begleiten... wir oft gesagt haben, dass wir gewisse Dinge nicht mehr hören können und wollen. Wir selbst entscheiden was gut für uns ist.
Laut einiger Meinungen sollen wir den Kinderwunsch an den Nagel hängen. Oder wieder das Thema "Adoptiert doch mal eben!" kam auf. Ja sowas macht man mal eben... und Adoptivkinder wachsen auf Feldern... wir müssen sie nur ernten! Was für ein Schwachsinn! Und es ist ja nicht so, dass wir noch nicht beim Jugendamt waren.
Oder wir sollen uns eine Leihmutter suchen... und wenn ich dann ankommen, dass es in Deutschland verboten ist kommen se mit der Antwort um die Ecke "Aber im Ausland geht das!". Ähm ja das stimmt wohl. Nur haben die sicher noch nicht einmal geschaut was das kostet. So habe ich gestern mal die Suchmaschine angeschmissen und gesucht. Die Preise variieren sehr stark. Kommt drauf an was man will bzw. was man bekommt. Würden Zwillinge entstehen kommt ein Aufpreis dazu. Bei manchen gibt es eine Art Garantie. Sollte in gewissen Abständen eine Fehlgeburt enstehen wird es Anteilig auf den nächsten Versuch angerechnet. Aber man muss zwischen 24 und 75.000 Euro rechnen. Das nenne ich doch mal ein "Schnäppchen".... das kann man sich doch auch mal so zwischen durch leisten. Dann kamen se auf die Idee jemand aus der Familie oder Freundeskreis könnte doch aushelfen. Ähm wie soll das denn bitte aussehen? Wer soll das denn machen? Das kann ich nicht verlangen!
Ja! Ja! Ja! Sie machen sich nur Sorgen/Gedanken. Sie wollen nur helfen.. sie meines es nur gut!

Ich möchte schon gerne selbst entscheiden ob, wann und wie. Zumal uns Lucas gezeigt hat, dass es klappen kann. Er hätte nicht sterben müssen. Es lag nicht an ihm oder mir... oder an den Ärzten. Die Schuld tragen andere... was ich ihnen nie verzeihen werde.

Ich möchte zu nix gedrängt werden.. egal in welche Richtung. Ich möchte, dass man meine bzw. unsere Entscheidung respektiert und nicht immer wieder nachgebort wird. Das jeder der sich nicht mit den Themen auskennt sich doch bitte vorher schlau macht BEVOR man solche Sachen raushaut. Ich mische mich doch auch nirgends ein, weil ich denn ihre Familiensituation nicht toll finde... weil ich den ihre Jobsituation nicht verstehe. Da haue ich doch auch nicht raus "So ihr habt ein Kind und MÜSST jetzt heiraten!" oder "Du verdienst in den Job nicht genug Geld such dir gefälligst was anderes!" oder was auch immer. Jeder sollte doch das Recht haben selbst entscheiden zu dürfen wie er sich sein Leben vorstellt. Wichtig ist doch nur, dass man als Paar sich einig ist und gemeinsam den Weg geht.

Herr Melle und ich haben uns vorgenommen dieses Jahr über Weihnachten und ggf. über Silverster weg zu fahren. Besuch erwarten wir nicht da ein Teil der Familie mit mir seit der Beerdignung von Lucas nicht mehr redet. Ich habe niemanden was getan. Mag sein, dass sie Angst haben wie ich reagieren könnte?! Doch wenn sie zu Herr Melle sagen er soll los lassen und nach vorne schauen dann sollten sie es uns nicht so schwer machen. Dann sollte man normal mit uns umgehen.. es uns aber nicht übelnehmen wenn wir sagen, dass wir darüber nicht reden wollen oder können.. oder mal mit ein paar Tränen in den Augen vor ihnen stehen. Doch so fühlt es sich scheiße für mich an, wenn man gar nicht mit mir redet. Da bin ich ehrlich. Ich fühle mich ausgegrenzt. Unsere Freunde reden doch auch normal mit uns.. treffen sich mit uns wie vorher und wenn ein paar Tränchen kullern nehmen sie einen in den Arm.

Egal wie... jetzt heißt es warten. Warten auf das was im nächsten Jahr auf uns wartet.


Kleines Wunder!

Es tut mir leid, dass du nicht bei uns bleiben durftest. Der einzigste Trost ist, dass du für immer bei deinem großen Bruder Lucas bist. Ihr zwei habt nun euch. Keiner von euch beiden ist alleine.
Wie es in uns aussieht? Traurig! Dunkel! Schwer! Wir hätten es dir und uns gewünscht eine lange gemeinsame Zeit zu haben. Aber die Natur hat sich gegen dich und uns gestellt. Du bist nun auch ein kleines Sternenkind. Lass es dir mit deinem Bruder gut gehen. Schaut auf uns herunter... kommt vorbei und zeigt uns, dass ihr da seit.. schickt uns ein Zeichen, dass es euch gut geht.

Wir lieben euch!

Wir schicken euch unendlich viele Küsschen in den Himmel.

Mama und Papa