Doch dann geht es mir immer wieder schlecht. Montags und Dienstags ganz schlimm. Da laufen die Tränen einfach nur... der Schmerz und die Sehnsucht sind kaum zu ertragen... und mittlerweile überkommt mich wieder dieses Schuldgefühl. Hätte ich auf ein Bauchgefühl hören sollen? Mit dem bin ich doch immer besser gefahren als wenn ich mich auf die Meinung von anderen verlassen habe. Ich habe zu Herrn Melle gesagt, dass ich Angst habe es könnten Wehen sein. Doch alle die wir gefragt haben, haben uns versucht zu beruhigen. Ich hätte auf meine innere Stimme hören sollen! Wären wir doch bloß gleich als ich unsicher worde ins Krankenhaus gefahren... vielleicht wäre der Kleine dann noch bei uns.

Auch wenn alle mir sagen, dass ich nichts anders machen hätte können... trotzdem fühle ich mich schuldig. Ich habe versagt! Ich habe mein Kind nicht richtig beschützt!
Vielleicht rede ich es mir auch ein, weil ich jemanden brauche der Schuld an diesem Schicksal trägt... und wer liegt da näher als ich selbst!?
Genauso kennt ihr das, dass man sich auch mal gerne selbst "quält" und "bestraft"? Sicherlich! Ich sag nur Liebeskummer. Wenn Herr Melle nach jedem Wochenende wieder zu sich nach Hause fuhr war ich ein Häufchen Ehlend. Habe mir immer wieder seine CD die er mir geschenkt hatte angehört. So war ich ihm ein Stück näher.
Ich kann das glaube ich ganz gut mich selbst zu quälen. Bei jedem Sternenkind gab es Lieder die uns wärend der Behandlung begleitet haben... nach den Verlust der Kinder musste ich sie immer und immer wieder hören. Der innerliche Schmerz musste weiter "brennen"... Angst los zu lassen... Angst zu vergessen. Die Wunde immer schön so zu sagen offen halten. Klingt wahrscheinlich für Aussenstehende sardistisch. Doch es gehört zur Trauerarbeit dazu.
Uns Sternenkinder-Eltern bleiben nur die paar Erinnerungen. Wozu eben auch der schmerzliche Abschied dazu gehört.

Dieses mal quäle ich mich mit dem Lied "Take me to church" von Hozier. Es ist schön... traurig... kämpferisch... zeigt den Zweifel den man immer mal an Gott und das Leben hat.
Zweifel an Gott und das Leben habe ich auch. Zwar anders als es im Lied ist...
Aber was solls. Ich kann all das nicht rückgängig machen. Wir müssen mit dem Verlust unseres Sohnes leben. Da kann ich mich bestrafen und quälen so viel wie ich will. Es ist wie es ist!

Mein Körper geht es auf jeden Fall besser als meiner Seele. Er hat es ganz gut mit dem Wochenfluss hinbekommen... nach knappen 3 Wochen war er vorbei und nach 5Wochen und 3 Tagen nach Geburt von Lucas hatte ich meine erste Mens. Sie kam dieses mal völlig alleine. Der Doc musste sie nicht zwingen zu kommen. Etwas ganz neues für mich. Ich nehme seit 14 Tagen Mönchspfeffer und hoffe es bleibt keine Eintagsfliege. Ich möchte ungerne wieder mit der Pille beginnen... auch wenn die Hebamme und Frauenarzt meinten, dass wir verhüten sollen. Nur warum soll ich mir die Hormone reinpfeifen?! Wieder meinen Körper etwas zu muten?! Außerdem bei unser Vorgeschichte....
Ich bin heute Zyklustag 5 ggf. auch 6. Je nachdem wenn man fragt. Wir überlegen den geschenkten Clearblue Computer zu benutzen um zu schauen ob sich überhaupt bei mir wieder was regt.
Hast du mich besucht und mir einen kleinen Gruß da gelassen? Denn ich kann mir nicht erklären wo diese weiche Feder herkommt. Sie lag einfach da.
ICH VERMISSE DICH MEIN KLEINER WELTENBUMMLER! Ich will dich wieder bei mir haben! Ich will dich wieder spüren! Ich will dich streicheln! Ich will dich küssen! Ich will ein Leben mit dir haben!
Mama und Papa kommen dich am Freitag wieder besuchen und hoffen, dass mit deinem Erdenbettchen alles okay ist. 6 Wochen und 1 Tag ist es nun her seit dem du gestorben und geboren bist. Für mich ist es als wäre es erst gestern gewesen.
Ich liebe dich!
